Neue Nutzungsperspektive für Teile des Speicher-Ensembles

Stadt plant zentralen Archivstandort in der Röntgenstraße

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ZGM-Chef Kristian Meier-Hedrich (vorne) auf dem Dach des Speichergebäudes, das zu Zentralarchiv umgebaut werden soll. . Foto: Landeshauptstadt Schwerin / Michaela Christen
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Schwerin – Das Speicher-Ensemble in der Röntgenstraße 22, das über die Jahre verschiedenste Verwendungen von der Brauerei bis zum Kammerkino des Landesfilmzentrums gesehen hat, steht seit geraumer Zeit leer. Jetzt soll es zum zentralen Archivstandort der Landeshauptstadt werden.

Die Archivbestände der Landeshauptstadt sind derzeit auf verschiedenen Standorten in Schwerin verteilt. Die Zentralisierung wurde bereits beschlossen. Die Verwaltung schlägt nun vor, die leerstehenden Gebäude des Speicher-Ensembles, einschließlich des vorgelagerten Fachwerkhauses, mit Städtebaufördermitteln zu sanieren, anstatt den Standort in der Werkstraße 108 im Gewerbegebiet Schwerin-Süd zu nutzen. Der Vorschlag wird derzeit in den Ausschüssen der Stadtvertretung diskutiert.

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Oberbürgermeister Rico Badenschier unterstützt nicht nur die Idee der Zentralisierung, sondern auch den alternativen Standort. Er betont die Verpflichtung, das Stadtarchiv als das Gedächtnis der Stadt zu bewahren. Der Speicher-Standort böte einen archivwürdigen Standort mit Zukunftsperspektive, und er befindet sich räumlich in der Nähe des geplanten Stadtgeschichtsmuseums.

Warum also erst im Gewerbegebiet und nun in der Altstadt? Kristian Meier-Hedrich, Werkleiter des Zentralen Gebäudemanagements (ZGM), erklärt, dass das bisher vorgesehene Gebäude in der Werkstraße aufgrund des bevorstehenden Neubaus des Beruflichen Schulzentrums Gesundheit und Soziales in Neu Zippendorf erst nach seiner Fertigstellung als mögliches kommunales Gebäude für die Nutzung als Zentralarchiv zur Verfügung stehen würde. Eine Nutzung als Archiv wäre dort erst ab 2030 möglich, während die leerstehenden Gebäude im Speicher-Ensemble zeitnah saniert werden könnten, um weiterem Verfall vorzubeugen.

Die Finanzmittel für die Herrichtung des Zentraldepots sind im Haushalt 2023/2024 bereits vorgesehen und könnten schnell eingesetzt werden, wenn die Stadtvertretung dem neuen Standort in einem entsprechenden Grundsatzbeschluss zustimmt. Zudem könnten für das denkmalgeschützte Ensemble in der Schelfstadt Städtebaufördermittel genutzt werden, was die Stadt finanziell entlasten würde.

Kulturbüro, ZGM und Kämmerei haben bereits durchgerechnet: Mit rund 10 Millionen Euro könnte ein langjähriger städtebaulicher Missstand am historischen Schelfmarkt beseitigt, die zentrale Lagerung des Archivguts an einem besucherfreundlichen Standort in der Innenstadt sichergestellt, die denkmalgeschützten Gebäude durch eine geeignete Nutzung gerettet und ein wunderbarer Abschlusspunkt der innerstädtischen Kulturmeile geschaffen werden.

Denkmalrechtliche Bedenken bestehen grundsätzlich nicht: Dass sich nur wenige Fenster im leerstehenden Speicher-Gebäude befinden, war für andere potenzielle Nutzungen immer von Nachteil. Für Archivgüter ist fehlendes Sonnenlicht dagegen von Vorteil.

In dem Archiv-Speicher mit 2200 m² Nutzungsfläche könnte das Papiergut – Akten, Pläne, Karten – zentral archiviert werden. Durch den Einsatz moderner Rollregale wäre dies nach einer statischen Ertüchtigung platzsparend möglich. Es gäbe sogar Reserveflächen für weitere drei Kilometer Archivgut. Im Vorderhaus, das an den Schelfmarkt grenzt, könnten der Lesesaal und die Verwaltung untergebracht werden, um die Innenhofsituation wiederherzustellen.

Erste sichtbare Baumaßnahmen zur Sicherung sollen bereits im kommenden Frühjahr beginnen, so der ZGM-Werkleiter. Das Dach des Speichergebäudes muss auf jeden Fall abgedichtet und erneuert werden, der angebaute Lastenaufzug soll abgerissen werden. Kristian Meier-Hedrich rechnet für das Zentralarchiv mit zwei Jahren Planungszeit und zwei Jahren Bauzeit. Dann könnte das neue Zentralarchiv schon 2028 einzugsbereit sein, so die optimistische Prognose.

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Von der Brauerei bis zum Kammerkino – künftig soll hier das zentrale Stadtarchiv entstehen. Foto: Landeshauptstadt Schwerin / Michaela Christen

Hintergrund: Geschichtliches zum Speicher-Ensemble:

1846: Gründung der Brauerei Strauß, das Fachwerkhaus ist bereits vorhanden und scheint bereits vor 1740 existiert zu haben
1881: Errichtung des Eishauses
1884: Errichtung einer Bierhalle mit elektrischem Licht (20 Jahre bevor das E-Werk gebaut wurde)
1897: Änderung des Geschäftsnamens: Brauhaus Hofmann & Stürzel, später Städtisches Brauhaus, Besitzer Otto Never (gest. 1909)
1914: vorübergehende Einstellung der Produktion (1. Weltkrieg)
1920: Wiederaufnahme des Betriebes, nunmehr nur noch Flaschenabfüllung – wenig später Einstellung des Betriebes
1920er Jahre: Entstehung eines „Gewerbehofes“. Pianofabrik R. Matz und Zigarettenfabrik „Haus Schwerin“ nutzen das Gebäude
1932: Im ehemaligen Brauhaus befindet sich die Modelltischlerei des Fokkerwerkes. Ludwig Bölkow war als Praktikant am Bau der „Jung Mecklenburg“ beteiligt. Zur Taufe der Flugzeuge auf dem Alten Garten verfasste Rudolf Tarnow ein Gedicht.
Zwischenzeitlich wurde das Gebäude auch als Frauengefängnis und Sektfabrik genutzt.
bis 1990 Lager der Großhandelsgesellschaft-Technik
1996 wurde das soziokulturelle Zentrum DER SPEICHER als Einrichtung der Landeshauptstadt Schwerin eröffnet. Auf einer Veranstaltungsfläche von insgesamt 400 Quadratmetern bietet der SPEICHER ein vielfältiges Veranstaltungsangebot. Seit 2005 gehört er im Verbund mit den weiteren kommunalen Kultureinrichtungen zum Kulturbüro der Landeshauptstadt.